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Assalamu alaikum und Willkommen!
Wie gehst du mit Fehlern um? Ob eigene Fehler oder die deiner Mitmenschen? Oft habe ich mich bei eigenen Fehlern selbst verurteilt und bei Fehlern anderer enttäuscht reagiert.
Dieses Verhalten habe ich auch häufiger bei meinen Mitmenschen mitbekommen. Ich glaube, dass wir mit uns selbst und mit anderen viel zu streng sind, wenn es um Fehler geht. Dass wir den Fokus zu sehr auf das Negative legen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass unser Gehirn im Überlebensmodus arbeitet, ganz nach dem Zitat von John Forbes Nash Jr.: „Die Realität ist immer eine Art von Fiktion, der alle zustimmen.“ Weil wir aus bestimmten Gründen Ängste empfinden, arbeitet unser Gehirn im Überlebensmodus und hat dementsprechend ein waches Auge auf alles Negative.
Es scheint mir manchmal, dass wir uns in der Gesellschaft überwiegend auf das Negative konzentrieren. Beispielsweise in der Religion, in welcher wir häufig den Fokus auf das Vermeiden von Fehlern legen. Der Islam lehrt uns jedoch, wie wir mit Fehlern umgehen können. Wie wir für unsere Fehler um Vergebung bitten können und immer wieder die Chance bekommen, an uns zu arbeiten. Warum? Weil wir mit der Eigenschaft erschaffen wurden, Fehler und Sünden zu begehen! Wir Menschen sind nicht frei von Fehlern. Da steckt ebenfalls eine Weisheit hinter.
Es gibt eine schöne Geschichte des Kalifen Umar ibn Al-Khattab (einer der Nachfolger des Propheten saws). In der Geschichte geht es darum, dass Umar (ra) in der Stadt unterwegs war und an einem Haus vorbeiging. Er hat in das Fenster des Hauses hineingeschaut, in welchem er einen Mann sah, der Alkohol getrunken hat. Umar (ra) ist durch das Fenster in das Haus eingetreten und wies den Mann aufgrund des Alkoholkonsums zurecht. Dabei gab der Mann an, dass Umar (ra) in jenem Moment 3 Fehler begangen hat: Erstens hat er durch das Fenster eines Hauses geschaut und dadurch die Privatsphäre des Mannes missachtet. Zweitens ist er ohne Erlaubnis in ein fremdes Haus und drittens durch das Fenster anstelle der Tür eingetreten. 1
Umar (ra) stimmte ihm zu. Wochen später traf Umar denselben Mann wieder, während er in der Freitagspredigt den Vorfall erzählt und teilte dem Mann am Ende der Predigt mit, dass er seit dem Vorfall nie wieder in andere Häuser geschaut und sich nicht in Angelegenheiten anderer eingemischt hat. Und der Mann entgegnete ihm, dass er seit jenem Vorfall nie wieder Alkohol getrunken hat.
Was lehrt uns diese Geschichte? Es wird auf schöne Weise deutlich, dass es Vorteile hat, Fehler zu machen. Denn man lernt aus ihnen. Es sind erst die Fehler, die wir machen, die uns weiser und durchdachter durchs Leben gehen lassen. Die uns jedem Ziel ein kleines Stück näher bringen. Die uns Fortschritte machen lassen. Und die uns auch erst aufzeigen, wie wir was richtig machen können. Denn erst, wenn wir was falsch gemacht haben, wissen wir, wie wir es besser machen können. Ist es nicht schöner, auf das eigene Leben zurückzublicken und zu verstehen, wie wir uns aus den vergangenen Fehlern entwickelt haben, statt keine Entwicklung aufgrund von Perfektion zu durchleben?
Wie entspannt wären wir, wenn wir uns für Fehler nicht so sehr bestrafen würden, sondern darin die Hoffnung sehen, uns weiterzuentwickeln?
Wir müssen Fehler machen. Im Leben allgemein und in der Religion. Dass wir mit diesem Naturell erschaffen wurden und die Chance auf Vergebung haben, gibt uns natürlich kein Freifahrtsschein zu sündigen. Wir dürfen jedoch auch nicht zu streng mit uns sein, sondern jeden Fehler als Chance sehen, uns stetig weiterzuentwickeln.
Wenn wir versuchen, jeden einzelnen Fehler zu vermeiden, um perfekt zu sein, wird uns das in unserer Entwicklung nicht voranbringen.
Ich wünsche mir sehr, dass wir es schaffen, uns bei jedem Fehler nicht selbst zu zerfleischen und dass wir uns gegenseitig wertschätzend begegnen. So können wir nicht nur individuell, sondern auch gemeinsam wachsen!
Ich hoffe, dir hat der Artikel gefallen. Ich würde mich sehr freuen, von deinen Gedanken und Erfahrungen zu hören!
Bis dahin, deine MindfulMuslima
“Hayatus Sahaba” von Muhammad Yusuf Khandlawi